Die Idee der Solidarischen Landwirtschaft

Die Praxis der Solidarischen Landwirtschaft fördert eine zukunftsfähige Landwirtschaft und unsere Ernährungssouveränität

Betriebe der Solidarischen Landwirtschaft (kurz: Solawis) stellen durch ihr innovatives Geschäftsmodell unser Verständnis von Wirtschaft auf den Kopf. Annähernd 500 Solawis gibt es bereits in Deutschland, Tendenz steigend.

Verantwortung und Risiko teilen durch Beiträge statt Preise

Solawis zeigen, wie zukunftsfähige Landwirtschaft aussehen kann: Weil die jährlichen Betriebskosten einer Gärtnerei oder eines Bauernhofs von den Mitgliedern der Solawi vorfinanziert werden, müssen die Erzeugnisse nicht mehr zu schwankenden Preisen auf dem freien Markt verkauft werden. Der Betrieb hat somit finanzielle Planungssicherheit – und weiß schon zu Beginn der Saison, dass alle Produkte Abnehmer:innen finden. Alle Lebensmittel werden – meist in Form eines wöchentlichen Ernteanteils – auf die Mitglieder aufgeteilt.

Direkte Beziehungen schaffen Transparenz und Wertschätzung

Durch die daraus entstehende enge Beziehung zwischen Erzeuger:innen und Konsument:innen steigt nachweisbar die Wertschätzung für die landwirtschaftliche Arbeit. Die Betriebe haben die Möglichkeit, ökologische und regenerative Anbaumethoden und Naturschutzmaßnahmen umzusetzen, faire und angemessene Löhne zu zahlen und selbstbestimmtes Arbeiten zu ermöglichen. Weil Solawi-Betriebe häufig eine große Vielfalt an Erzeugnissen produzieren, können sie z.B. Ernteausfälle besser kompensieren als spezialisierte Betriebe – und im Krisenfall auf die Unterstützung ihrer Mitgliedercommunity bauen.

Partizipation und Ko-Produktion

Mitglieder einer Solawi verändern ihre passive Konsumhaltung: Sie können sich – je nach Solawi unterschiedlich stark – in der Organisation mitentscheiden und der landwirtschaftlichen Produktion einbringen. Sie lernen, was saisonale und regionale Ernährung bedeutet, kochen häufiger frisch und mit mehr Gemüse – und sind ganz nah dran an der Erzeugung ihrer Lebensmittel.

Solidarische Finanzierung

Nicht nur die Solidarität gegenüber den Erzeuger:innen ist in der Solidarischen Landwirtschaft wichtig: die sog. Beitragsrunden sowie weiterer Formen solidarischer Beitragsgestaltung ermöglichen einer Vielzahl an Menschen die Teilhabe in Solawis –  unabhängig von ihrer Lebenssituation und finanziellen Möglichkeiten. Mehr zur Vision, den Grundprinzipien und dem Selbstverständnis der Solawi-Bewegung findest du direkt auf der Seite des Netzwerks Solidarische Landwirtschaft e.V.

Das Netzwerk Solidarische Landwirtschaft e.V.

Seit der Gründung im Jahr 2011 schließen sich im Netzwerk Solidarische Landwirtschaft e.V. bestehende Solawis, Erzeuger:innen und Verbraucher:innen zusammen, um das Konzept in der Praxis zu erproben, zu verbreiten und weiterzuentwickeln. Als Dachorganisation ist der Mitgliederverein die Plattform in Deutschland, die:

  • Solawi-Neugründungen unterstützt und beratend begleitet
  • Räume für Vernetzung und Wissensaustausch unter bestehenden Solawis eröffnet
  • die Interessen der Solawi-Bewegung gegenüber verschiedenen Stakeholdern in Deutschland vertritt
  • Mitgliedern und der Öffentlichkeit aktuelle Praxisinformationen zur Verfügung stellt
  • Forschung unterstützt sowie Wissen und Kompetenzen bündelt

Mehrmals im Jahr organisiert das Netzwerk Tagungen (Präsenz und Online), die für alle Interessierten offen sind. Diese werden ergänzt durch verschiedene Formate, Online-Kurse und Workshops. Den Newsletter des Netzwerks Solidarische Landwirtschaft erhalten über 10.000 Abonnent:innen. Zudem gibt es innerhalb des Netzwerks verschiedene Arbeitskreise, die sich spezifischen Themenfeldern zuwenden. Dazu gehören z.B. der Arbeitskreis Forschung, der AK Gegen Rechts – und die AG Genossenschaften, auf deren Praxis-Homepage du dich befindest.

Durch den lebendigen Transfer von praxisrelevantem Wissen zur Gründung sowie zur betriebswirtschaftlichen und sozialen Stabilisierung von Solawis wurde das Wachstum der Solawi-Bewegung erst ermöglicht. Eine intensive Netzwerkarbeit wird das Wachstum in den kommenden Jahren weiter beschleunigen.

Die Arbeitsgemeinschaft (AG) Genossenschaften

Die Rechtsform einer Genossenschaft eignet sich im Kontext der Solidarischen Landwirtschaft immer dann besonders gut, wenn eine größere Anzahl an Menschen gleichberechtigt einen Solawi-Geschäftsbetrieb aufbauen möchte und gemeinschaftliche Investitionen in Grund, Gebäude oder Maschinen vorgesehen sind. Die genossenschaftliche Rechtsform bringt viele Vorteile mit sich, erfordert aber auch ein höheres Maß an Struktur- und Gremienarbeit.

Um sich zu betriebswirtschaftlichen und rechtsformspezifischen Solawi-Fragen besser kollegial beraten und austauschen zu können, haben sich im März 2019 die ersten zehn Solawi-Genossenschaften zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen. Mittlerweile zählt die AG Genossenschaften über zwanzig Genossenschaften, hinzu kommen etliche Solawi- und Genossenschaftsexpert:innen, die durch eine begleitende Beratung und kontinuierliche Aufbereitung von allgemeinem und genossenschaftsspezifischem Wissen die Praxis bei ihrer Weiterentwicklung unterstützen.

Die AG Genossenschaften lebt vor allem vom Austausch, dem Teilen von Erfahrungen und Informationen sowie einer kollegial-kooperativen Grundhaltung. Sie nutzt Synergiepotentiale und baut zukunftsfähige Kooperationen zu genossenschaftlichen Prüfverbänden und anderen Systemdienstleistern auf. Die AG Genossenschaften erarbeitet Lösungen für Fragen, die im Betriebsalltag oder in Zusammenarbeit mit Behörden und Ämtern auftauchen können.

Darüber hinaus entstehen aus der Gruppe Entwicklungsprojekte der AG Genossenschaften, z.B. in Kooperation mit Wissenschaftler:innen der Universität Hamburg im vom BMBF geförderten Forschungsprojekt Teilgabe. Sie erforschen die Weiterentwicklung des Netzwerks Solidarische Landwirtschaft e.V. als zentrale Dachorganisation der Solawi-Bewegung in Deutschland und untersuchen dafür gezielt, welche Leistungen, etwa durch zusätzliche Sekundärorganisationen, die Stabilisierung der bestehenden Betriebe und die Gründung neuer Solawi-Betriebe unterstützen könnten.

Vielfalt und Solawi-Typen

Große Solawi-Vielfalt

Mittlerweile existieren annähernd 500 Solawi-Organisationen und Gründungsinitiativen in Deutschland. Kleine, selbstorganisierte Solawis  stabilisieren sich – durch tatkräftige Mitarbeit der Mitglieder – bei rund 150 Ernteanteilen, die größten Solawi-Organisationen in Deutschland zählen bereits über 2.000 Ernteanteile. Durch den kollegialen Austausch lässt sich für einige der genossenschaftlich organisierten Solawis derzeit eine optimale Größe für betriebswirtschaftliche und soziale Stabilisierung von rund 400-500 Ernteanteilen ableiten.

Jede Solawi ist auf ihre jeweils individuelle Art und Weise sozial gerecht, ökologisch, demokratisch und gemeinschaftsgetragen ausgerichtet:

  • Sie werden von Verbraucher:innen, Erzeuger:innen oder beiden zusammen initiiert und getragen. 
  • Sie existieren sowohl in ländlichen, als auch in urbanen Kontexten.
  • Sie funktionieren als GbR, als Verein oder als Genossenschaft. 
  • Sie können als selbstorganisiert oder serviceorientiert gelten.
  • Einige verstehen sich als Kollektivstruktur, andere als professionellen Geschäftsbetrieb.
  • Viele bauen nur Gemüse an, andere erzeugen zusätzlich oder ausschließlich tierische Produkte. 
  • Viele sind bio-zertifiziert, andere verzichten bewusst auf ein Bio-Siegel und wirtschaften trotzdem ökologisch oder gar regenerativ, in Agroforstsystemen oder unter Einsatz von Arbeitspferden.
  • Einige Solawis finanzieren ihren Jahreshaushalt über Beitragsrunden, andere haben feste Kostenbeiträge.

Dabei ist jede Solawi ein Reallabor in dem nachhaltige und widerstandsfähige Wirtschaftsweisen und Lebensstile erprobt werden. Vielfältige Leuchtturm- und Pionierprojekte sowie eine stetig wachsende Dynamik innerhalb der Solawi-Bewegung liefern aktuell günstige Rahmenbedingungen für einen gesellschaftlichen Wandel. Die meisten Solawis gründen sich nicht nur, weil die Mitglieder sich besser grundversorgen wollen, sondern auch, um den komplexen und sozial-ökologischen Herausforderungen der Zukunft mit viel Tatendrang zu begegnen.

Die unterschiedlichen Solawi-Typen

In der Solidarischen Landwirtschaft gibt es kein “One-Size-Fits-All”-Lösungspaket. Im Gegenteil: mit der steigenden Anzahl an Solawis steigt auch deren organisationale Vielfalt. In dieser Vielfalt und Heterogenität liegt eine große Chance im Sinne einer gesteigerten Anpassungsfähigkeit und Resilienz von Solidarischer Landwirtschaft im Angesicht der multiplen Krisen, die es zu bewältigen gilt.

Es können drei Idealtypen unterschieden werden, abhängig vom Verhältnis der Solawi-Mitglieder zur landwirtschaftlichen Erzeugung. Bei der Betrachtung dieser Typen ist außerdem relevant: 

  • die Art und Weise, wie die Solawi-Mitglieder das unternehmerische Risiko der Solawi-Organisation mittragen
  • in welcher Form die Solawi-Mitglieder organisiert sind, d.h. mit oder ohne eigenständige juristische Person.

Solawis bilden oft schon bei ihrer Gründung oder auch erst im Laufe der Zeit Mischformen zwischen diesen Typen aus.  Auch sind Entwicklungen von einem Typ zu einem anderen zu beobachten, z.B. wenn sie im Kooperationsmodell (Typ 2) starten und zu einem späteren Zeitpunkt selbst auch in die Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte einsteigen (Typ 3). 

Diese Idealtypen, die die Realität nicht vollständig abbilden können, sollen helfen, strukturelle Regelmäßigkeiten und Beziehungsmuster in jeweils unterschiedlichen Solawi-Kontexten zu erkennen:

Solawi-Typ 1: “Die Erzeuger:innen-geführte Solawi”

++ Zweiseitige Einzelverträge zwischen Erzeuger:innen und Verbraucher:innen ++

In Solawi-Typ 1 kooperiert ein eigenständiger landwirtschaftlicher Betrieb mit vielen Einzelmitgliedern und es werden individuelle Wirtschaftsverträge abgeschlossen. So entwickelten sich die ersten Solawis in Deutschland um einen bestehenden landwirtschaftlichen Betrieb herum. Im Gegensatz zum sehr verbreiteten Konzept der Abokiste werden aber nicht die Produkte von den Kunden bezahlt, sondern die Erzeugungskosten anteilig durch die einzelnen Solawi-Mitglieder getragen, die dafür einen Ernteanteil bekommen. Sie übernehmen damit das Anbau- bzw. Ernterisiko. Rechtlich gesehen handelt es sich bei Solawi-Typ 1 um sogenannte “zweiseitige Einzelkaufverträge mit Ratenzahlungs- und Ratenlieferungsvereinbarung”, die sich ohne weiteren großen juristischen Aufwand zwischen einem Betrieb und den jeweiligen Solawi-Mitgliedern vereinbaren lassen. Bei Erstellung der Verträge zwischen Erzeuger:innenbetrieb und den Solawi-Mitgliedern ist u.a. darauf zu achten, dass die gegenseitigen Rechte und Pflichten so herausgearbeitet werden, dass durch die Festlegung gemeinsamer Pflichten und Vertretungsansprüche keine nicht beabsichtigte Rechtsform auf Seiten der Verbraucher:innen entsteht. Eine rechtliche Beziehung der Verbraucher:innen untereinander ist in Solawi-Typ 1 nicht gegeben – sie ist ausschließlich ideeller Natur.
In der Praxis können Höfe im Solawi Typ 1 noch andere Absatzwege haben, z.B. einen Hofladen. Dann wird nur der Teil der Betriebskosten, der auf den Solawi-Anbau bezogen ist, anteilig von den Mitgliedern getragen.

Solawi-Typ 2: “Die Kooperationssolawi“

++ Kooperation zwischen einem eigenständigen Erzeugerbetrieb und einer rechtlich verfassten Mitglieder-Körperschaft ++

Wenn sich die Verbraucher:innen bzw. Mitglieder einer Solawi zu einer eigenen juristischen Person zusammenschließen und diese Vertragspartnerin für den Erzeugerbetrieb wird, sprechen wir von Typ 2, der “Kooperationssolawi”. Wichtiges Wesensmerkmal des Solawi-Typ 2 ist, dass die Solawi-Gemeinschaft selbst keine landwirtschaftliche Urproduktion betreibt. Die Verantwortung für die Ausgestaltung der solawi-gemäßen Beziehungsverhältnisse zwischen der landwirtschaftlichen Erzeugung und der Mitglieder-Körperschaft liegt bei beiden Kooperationspartner:innen. Der Einzug der Kostenbeiträge, die Mitgliederkommunikation, die Koordination von Mitarbeit und die Logistik der Ernteanteile liegt in der Regel bei der Mitglieder-Körperschaft und nicht beim Erzeugerbetrieb wie in Typ 1. 

In der Solawi des Typ 2 verfassen sich die Haushalte oft in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins. Für die Kooperationssolawi eignet sich aber auch die Genossenschaft (z.B.: Jolling e.G.). Die Genossenschaft als Rechtsform für Typ 2-Solawis wird insbesondere dann interessant, wenn z.B. ein Übergang zu Solawi-Typ 3, also der Aufbau eines eigenen landwirtschaftlichen Geschäftsbetriebs absehbar ist, wenn Investitionen anstehen oder sich Möglichkeiten eröffnen, den Kooperationsbetrieb im Sinne einer außerfamiliären Hofnachfolge an die Solawi-Gemeinschaft zu übertragen. 

Solawi-Typ 3: Die Mitunternehmerschaft

++ Die Verbraucher:innen tragen die volle Verantwortung für das unternehmerische Risiko ++

Wenn eine Solawi-Gemeinschaft selbst einen landwirtschaftlichen Betrieb mit eigenen Angestellten führt, meist im Rahmen eines Vereins oder einer Genossenschaft, sprechen wir von Solawi-Typ 3. Der Rechtsträger ist für alle Bereiche verantwortlich – von der Erzeugung über die Logistik bis hin zur Mitgliederkommunikation und -verwaltung. Die Ernteteiler:innen tragen in Typ 3 (haftungsbegrenzt auf die Rechtsform) das gesamte Unternehmensrisiko der Solawi. 

Insbesondere in Solawi-Genossenschaften des Typ 2 und Typ 3 erhöht sich der Identifikationsgrad der Mitglieder mit ihrer Solawi, da sie als Genossenschaftsmitglieder Anteile zum Geschäftsguthaben beitragen und damit mithaften. Sie werden zu Mit-Unternehmer:innen, Mit-Landwirt:innen und Mit-Eigentümer:innen eigener landwirtschaftlicher Anbauflächen.

Anmerkung 1

Bei der Beschreibung der Solawi-Typen wurde hier nicht das Konzept der “Mehrhofsolawi” dargestellt. Dies liegt vor, wenn die Produkte für die Solawi nicht von einem, sondern von mehreren Betrieben erzeugt werden. Diese Kooperationen werden angestrebt, um das Angebot der Solawi zu erweitern oder eine Vollversorgung anzustreben. Eine Mehrhofsolawi ist in allen 3 Solawi-Typen möglich und sollte nicht mit dem Solawi-Typ 2 (Kooperationssolawi) verwechselt werden.

Anmerkung 2

Solawis werden auch nach anderen Kategorien typisiert. Die österreichische Wissenschaftlerin Sabine Gruber etwa hat die unterschiedlichen Ausprägungen der normativen und organisationalen Ordnung in bestehenden Solawi-Betrieben untersucht (Mitbestimmung, Mitarbeit) und kommt in ihrer Dissertation zu folgenden drei Solawi-Typen: Die selbstorganisierte Solawi, die partizipative Solawi, die serviceorientierte Solawi.

Die Transformationspotenziale der Solidarischen Landwirtschaft

Angesichts der massiven Überschreitungen unserer planetaren Grenzen müssen wir uns dringend mit der Frage befassen, welche Arten von (Land-)Wirtschaft innerhalb dieser Grenzen noch funktionieren und zukunftsfähig sind. 

Ein Gegenentwurf zu unserem aktuellen Wirtschaftssystem mit seinen omnipräsenten Ausbeutungsstrukturen erwächst seit etwa 50 Jahren aus der Mitte unserer Gesellschaft: die Bewegung der Solidarischen Landwirtschaft und damit auch das Modell einer gemeinschaftsgetragenen, postwachstums-orientierten und widerstandsfähigen Wirtschaftsweise für unsere Grundversorgung.

Die Idee gelangte in den 1970er Jahren aus der Schweiz zunächst nach Japan (“Teikei”) und in die USA, woher man es als “Community Supported Agriculture” (“CSA”) kennt. In Deutschland begründete 1986 der Buschberghof die erste “Solidarische Landwirtschaft”. In Österreich spricht man auch von “Gemeinschaftsgetragener Landwirtschaft” oder “GeLaWi”, während man in der Schweiz “regionale Vertragslandwirtschaft” sagt. In Frankreich bezeichnen sich die Unternehmungen als “Associations pour le maintien d’une agriculture paysanne”, oder kurz: “AMAP”. Erst seit rund 10 Jahren erfährt die Solawi-Bewegung in Deutschland eine immer stärker werdende Zustimmung, belegbar durch ein exponentielles Wachstum an Neugründungen und eine stark gestiegene öffentliche Wahrnehmung.

In der klassischen Wirtschaft besteht – wenn überhaupt – der einzige persönliche Kontakt zwischen Produzent:innen und Konsument:innen im Moment des Kaufs. In einer Solawi hingegen setzten sich Erzeuger:innen und Verbraucher:innen regelmäßig an einen Tisch und bestimmen gemeinsam, was und wie produziert wird. Sie legen Standards wie faire Löhne und eine ökologische Produktionsweise fest und tragen gemeinsam die Kosten und das Risiko. Erzeuger:innen gewinnen Sicherheit, Verbraucher:innen gestalten ihre Versorgung aktiv mit und beide Seiten profitieren von verbindlichen Kooperationen, die von gegenseitiger Verantwortung und Vertrauen getragen werden. Die gemeinschaftliche Gesamtkostenbetrachtung erhöht dabei die Bereitschaft der Menschen, für nachhaltigen Konsum den wahren Beitrag zu zahlen. Die moralische Tragweite des Handelns wird im Solawi-Kontext unmittelbar sichtbar und erleichtert es, sozial-ökologische Kosten bewusst zu internalisieren. Solidarische Landwirtschaft fördert also die Anerkennung und Wertschätzung für geleistete Arbeit, sensibilisiert für einen regenerativen Umgang mit den Ressourcen, wirkt einer entfremdeten Lebensmittelversorgung entgegen und schafft neue Räume für weitere sinnstiftende Gemeinschaftsunternehmungen.  Die Genossenschaft als Rechtsform kann dabei die verbindenden Aspekte der Solawi-Idee zusätzlich verstärken. Denn Genossenschaftsmitglieder dürfen sich auch rechtlich gesehen als Mit-Unternehmer:innen, Mit-Landwirt:innen und in einigen Solawis auch als Mit-Bodeneigentümer:innen ihr eigenen landwirtschaftlichen Anbauflächen verstehen. Von einer übergeordneten Ebene aus betrachtet, beginnen Solawis gerade damit, resiliente Grundversorgungstrukturen im regionalen Wertschöpfungsraum auszubilden. Zum einen steigert sich die Handlungssouveränität der individuellen Akteur:innen, auf der anderen Seite wird die Widerstandsfähigkeit gegenüber exogenen Störungen verbessert und die Abhängigkeit von der Fremdversorgung durch überregionale Märkte gemindert. Dies bestätigen die langjährigen Forschungsergebnisse zu Solidarischer Landwirtschaft des Forschungsprojektes  nascent-transformativ, in dem die Beiträge und das Potenzial transformativer Wirtschaftsformen im Ernährungssektor untersucht werden.

Aus CSA wird CSX

Das Modell der Solidarischen Landwirtschaft inspiriert immer mehr Initiativen und Unternehmen in anderen Versorgungsfeldern, die sich auf den Weg machen, ihre Wirtschaftsweise auf die gleichen gemeinschaftsgetragenen Prinzipien umzustellen. Aus CSA – Community Supported Agriculture – wird damit CSX – Community Supported Everything. Für eine Auseinandersetzung dazu verweisen wir gerne auf die mit dem Netzwerk Solidarische Landwirtschaft e.V. eng verbundene Dachorganisation für eine Gemeinschaftsgetragene Wirtschaftsweise, den gemeinnützigen CSX-Netzwerk e.V.